Ein an Mukoviszidose erkrankter junger Mensch hat über die Vollendung des 16./18. Lebensjahres hinaus nur dann weiterhin Anspruch auf das Merkzeichen H, wenn die für Erwachsene geltenden Kriterien der Hilflosigkeit iS des § 33b Abs 6 S 2 und 3 EStG erfüllt sind.
Ein an Mukoviszidose erkrankter junger Mensch hat über die Vollendung des 16./18. Lebensjahres hinaus nur dann weiterhin Anspruch auf das Merkzeichen H, wenn die für Erwachsene geltenden Kriterien der Hilflosigkeit iS des § 33b Abs 6 S 2 und 3 EStG erfüllt sind.
Streitig ist die Herabsetzung des Grads der Behinderung (GdB) und der Entzug der Merkzeichen H (Hilflosigkeit) und B (Notwendigkeit ständiger Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel).
Der 1981 geborene Kläger leidet an Mukoviszidose (zystische Fibrose). In seinem ersten Lebensjahr musste er künstlich ernährt werden. Seit Juni 1982 lebt er bei seinen Pflegeeltern. Seine Schulausbildung wurde durch Krankenhausaufenthalte in M. und A-Stadt oftmals unterbrochen. Die Pflegeeltern brachten ihn täglich mit dem Auto zur Schule und holten ihn wieder ab. 1998 absolvierte er den qualifizierenden Abschluss. Dann besuchte er drei Jahre lang eine private Handelsschule im Luftkurort O. und schloss die Schule mit der mittleren Reife ab. Anschließend absolvierte er eine Ausbildung zum Mediengestalter für Digital- und Printmedien, Mediendesign und schloss die Lehre vor der Industrie- und Handelskammer Schwaben im Juli 2004 ab. Seither arbeitet er als Mediendesigner.
Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 24.02.1983 für die Behinderung Mukoviszidose eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE, jetzt GdB) von 100 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen G und H fest. Mit Bescheid vom 28.04.1986 wurden auf Antrag der Pflegeeltern zusätzlich die Merkzeichen B und RF zuerkannt.
Im Rahmen einer Nachprüfung von Amts wegen zog der Beklagte den Arztbrief des Dr. B. (H. Kinderspital der Universität M.) vom 31.05.1988 bei, in dem die Diagnosen Cystische Fibrose und Neurodermitis aufgeführt sind und über die in letzter Zeit aufgetretenen durch die Neurodermitis bedingten Beschwerden mit zum Teil superinfizierten, ausgedehnten Hautveränderungen berichtet wird. Es habe ein massiver Juckreiz bestanden, so dass das Kind in ständiger Unruhe gewesen sei und nachts nicht mehr habe schlafen können. Hingewiesen wird auf eine pulmonal deutliche Verschlechterung Ende 1987. Bei der letzten Untersuchung am 08.04.1988 habe sich der Kläger in gutem Allgemein- und ausreichendem Ernährungszustand befunden. Beschrieben wird eine deutlich infizierte Hautveränderung im Halsbereich und den Beugeseiten der Extremitäten. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 29.07.1988 die Behinderungen "Mukoviszidose, Neurodermitis" fest. Der Grad der Behinderung betrage wie bisher 100. Erfüllt seien die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen B, G, H und RF. Begründet wurde die Neufeststellung mit dem Hinzukommen einer weiteren Behinderung.
Anlässlich einer weiteren Überprüfung zog der Beklagte den Bericht des H. Kinderspitals vom 01.06.1989 sowie Befunde der Hautärztin Dr. H. und des HNO-Arztes Dr. H. bei und wies mit Anhörungsschreiben vom 09.11.1989 darauf hin, dass wegen einer Besserung der Behinderung "Mukoviszidose, Neurodermitis" der GdB nur noch 80 betrage und auf die Merkzeichen B, G und RF kein Anspruch mehr bestehe. Es sei beabsichtigt, eine den nunmehrigen Verhältnissen entsprechende Feststellung zu treffen. Unter Berücksichtigung der Berichte des H. Kinderspitals vom 27.12.1989 ("an der Haut an den bekannten Prädilektionsstellen deutliche Kratzeffekte"; Empfehlung der Spezialambulanz, dem Patienten das Merkzeichen B zu gewähren) und vom 09.01.1991 (Husten meist morgens und während der Inhalationstherapie; deutlich eingeschränkte Nasenatmung; "Sehr gestört hatte ihn jedoch immer wieder sein Hautekzem.") erfolgte der Bescheid vom 14.02.1991. Der GdB für die Behinderungen Mukoviszidose, Neurodermitis" betrage wie bisher 100. Erfüllt seien die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen B, G und H. Die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 29.07.1988 zugrunde lagen, hätten sich insofern wesentlich geändert, als bei Vorliegen von Schulfähigkeit das Merkzeichen RF in Wegfall gerate. Im Anhörungsverfahren hätten sich insofern neue Gesichtspunkte ergeben, als der GdB bei 100 verbleibe und die Merkzeichen B, G und H weiter festgestellt blieben.
Nachdem im Widerspruchsverfahren der Wegfall des Merkzeichens RF als unverständlich bezeichnet worden war, erteilte der Beklagte den Abhilfe-Bescheid vom 02.04.1991. Festgestellt blieben als Behinderungen "Mukoviszidose, Neurodermitis". Der GdB betrage wie bisher 100. Erfüllt seien die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen B, G, H und RF.
Ab Dezember 1997 erfolgte erneut ein Nachprüfungsverfahren. In den beigezogenen Arztbriefen des Dr. B. (H. Kinderspital) vom 20.06.1996 und vom 24.01.1997 wird berichtet, dass es dem Kläger in den letzten zwei Jahren bis auf einige kleinere Infekte der oberen Luftwege recht gut gegangen sei. Er leide in den vergangenen zwei Jahren weniger an Allergieproblemen. Beschrieben wird ein guter Allgemein- und Ernährungszustand (keine Zyanose, keine Hypoxiezeichen). Er sei sehr sportlich, spiele Tischtennis, Fußball, Basketball, fahre mit dem Rad und Rollerskates. Sein Appetit sei gut, er habe täglich ein- bis zweimal normalen Stuhlgang, allerdings nach wie vor gelegentlich Bauchschmerzen. Bei starker Belastung klage er über etwas stärker werdenden Hustenreiz, das Sputum sei hellgelb. Im Bericht des H. Kinderspitals vom 05.03.1998 wird mitgeteilt, dass es dem Kläger im letzten Jahr recht gut gegangen sei. Er sei zu einer Klimakur in Israel gewesen, im Sommer habe er eine zweiwöchige pseudomonaswirksame Therapie durchgeführt, die ihm sehr gut geholfen habe. Er gehe in die 9. Klasse, bereite sich zur Zeit auf seinen qualifizierenden Hauptschulabschluss vor und wolle danach in die Wirtschaftsschule gehen. Er betreibe viel Sport, Skaten, Radfahren und Schulsport. Die Nasenatmung sei unbehindert, Hustenreiz bestehe relativ wenig, nicht nachts. Der Appetit sei gut, Bauchschmerzen bestünden keine, Stuhlgang einmal pro Tag ohne Durchfall. Im Arztbrief des Dr. C. (Klinikum A-Stadt) vom 30.03.1998 wird nach ambulanter Behandlung von 20.03.1997 bis 08.04.1997 wegen vermehrter pulmonaler Probleme von einer kompensierten globalen pulmonalen Insuffizienz berichtet.
Nach Anhörung mit Schreiben vom 02.02.1998 stellte der Beklagte mit auf § 48 Abs. 1 SGB X gestützten Änderungs-Bescheid vom 30.09.1998 die Behinderungen "Störung der Schleimdrüsenfunktion (Mukoviszidose), Neurodermitis" fest und setzte den GdB ab Bekanntgabe dieses Bescheids auf 60 fest. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G seien weiterhin erfüllt. Mit Bekanntgabe dieses Bescheids bestünde kein Anspruch mehr auf die Merkzeichen B, H und RF. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Bescheids mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintritt, sei gemäß § 48 Abs. 1 SGB X der Bescheid aufzuheben und eine neue Feststellung zu treffen. Die Verhältnisse, die dem Bescheid vom 02.04.1991 zugrunde lagen, hätten sich durch Besserung der Behinderungen "Mukoviszidose, Neurodermitis" wesentlich geändert. Deshalb sei ein niedrigerer GdB festzustellen. Außerdem bestünde nun kein Anspruch mehr auf die Merkzeichen B, H und RF.
Im Widerspruchsverfahren zog der Beklagte das Pflegegutachten vom 24.10.1997 bei, in dem nach Hausbesuch festgestellt wurde, dass Pflegebedürftigkeit nicht vorliegt (Hilfebedarf beim Duschen/Baden: 2 Minuten; Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung: über 45 Minuten; kein nächtlicher Hilfebedarf). Im ebenfalls aktenkundigen Schreiben der Pflegekasse vom 28.07.1999 wird darauf Bezug genommen, dass im Gutachten vom 24.10.1997 bestätigt worden sei, dass die Voraussetzungen einer Pflegestufe nicht mehr vorlägen. Nachdem der Kläger bis 31.03.1995 Pflegegeld bei festgestellter Schwerpflegebedürftigkeit im Sinn der Krankenversicherung bezogen habe (§§ 53, 57 SGB V), zahle die Pflegekasse weiterhin Pflegegeld in der Pflegestufe II in Höhe von 800 DM monatlich (Art. 45 Pflegeversicherungsgesetz).
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 09.02.2000 zurückgewiesen. Nach versorgungsärztlicher Beurteilung hätten sich die Behinderungen "Mukoviszidose, Neurodermitis" gebessert. Sie seien in Übereinstimmung mit den 1996 letztmals neu gefassten "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" mit einem GdB von 60 richtig bewertet. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen B und H lägen nach Art und Ausmaß der Behinderungen nicht vor. Die Besonderheiten im Kindesalter führten dazu, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens H bisher erfüllt gewesen seien.
Die Klage ging beim Sozialgericht Augsburg am 08.03.2000 ein. Vorgelegt wurde das Attest des Dr. C. vom 05.07.1999, in dem die Therapie- und Pflegeerfordernisse beschrieben werden. Im Juli 2002 erfolgte eine Klagebegründung, die zum größten Teil aus Diagnosenlisten bezüglich der Jahre 1982 bis 2001 besteht.
Das Sozialgericht forderte von den behandelnden Ärzten Befundberichte an. Es liegen vor der Befundbericht der Hautärztin Dr. H. vom 10.11.2000 ("Die atopische Dermatitis unterliegt einem ständigen Wechsel in der Stärke der Ausprägung des Juckreizes."), der Befundbericht des Kinderarztes Dr. G. vom 13.12.2000 ("Jedes Quartal erfolgte eine Überweisung in die Ambulanz von Chefarzt Dr. C..") und der Befundbericht des HNO-Arztes Dr. H. vom 27.12.2000, außerdem die Berichte des Dr. C. (Klinikum A-Stadt) vom 25.02.1999 (Untersuchung am 25.01.1999), vom 02.12.1999 (stationäre Behandlung von 06.10. bis 10.10.1999 und von 13.10. bis 15.10.1999), vom 22.05.2000 (Untersuchung am 09.05.2000), vom 19.02.2001 (stationäre Behandlung von 25.10. bis 02.11.2000) und vom 02.03.2001 (Untersuchung am 21.02.2001).
Nach ambulanter Untersuchung am 27.08.2001 wird im Bericht des Dr. C. vom 04.10.2001 Folgendes mitgeteilt: "Im Juni 2001 Schulabschluss. Insgesamt unter Würdigung der medizinischen Gesamtsituation zufriedenstellender Verlauf bis etwa 20.08.2001. Seither subfebril, vermehrte Sekretion aus Nase, Rachen und Trachea, deutliche Zunahme der Sputummengen, welche insbesondere morgens und tagsüber heftigst expektoriert werden. Sputumfarbe dunkelgelb bis grün. Auch zunehmende nächtliche Hustenattacken. Appetit zufriedenstellend. ... Wir sahen Ihren Patienten in mäßig gutem Allgemeinbefinden, Belastungsdyspnoe, dezente Lippenzyanose, Thorax überbläht erscheinend .... Deutlich beeinträchtigte Nasenatmung bei hyperplastisch, entzündeten Nasenmuscheln."
Das Sozialgericht Augsburg hat über die Klage mit Urteil vom 17.10.2002 entschieden. Entsprechend einem Vergleichsangebot des Beklagten ist dieser verpflichtet worden, die Funktionsbeeinträchtigungen ab 30.09.1998 mit einem GdB von 70 festzustellen, im Übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Im Einklang mit dem Beweisergebnis und den durch Rundschreiben vom 17.04.2001 geänderten Anhaltspunkten sei ein GdB von maximal 70 anzusetzen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25.11.2002 zugestellt.
Mit der am 23.12.2002 beim Sozialgericht Augsburg eingegangenen Berufung wird vorgebracht, es sei rechtswidrig, dass dem Kläger, der an einer schwersten Mukoviszidose/ Cystischen Fibrose (CF) leide, das Merkzeichen H und andere Nachteilsausgleiche vor dem Erreichen des 18. Lebensjahres aberkannt worden seien. Nach den Anhaltspunkten hätte H dem Kläger obligatorisch bis zum 29.11.1999 belassen werden müssen. Nicht nachzuvollziehen sei die drastische Herabsetzung des GdB von 100 auf 60 bei der bekannt progredient verlaufenden Erbkrankheit. Beanstandet wird der gravierende Ermessensfehlgebrauch des Beklagten. Der fast vollständig aus Textbausteinen bestehende Widerspruchsbescheid vom 09.02.2000 gehe auf den konkreten Fall und das Vorbringen des Widerspruchs mit keiner Aussage ein und belasse den klar erkennbar rechtswidrigen Aufhebungsbescheid vollständig und ohne erkennbares Zeichen einer erneuten Ermessensbetätigung in seinem Bestand. Es könne nicht richtig sein, dass der Kläger nur mit einer "mittleren CF" eingestuft werde. Aus einer seit 1991 als "schwer und schwerst" festgestellten CF könne nicht trotz nachweisbar und siebeneinhalb Jahre laufend erfolgten Fortschreitens kurzerhand eine leichte CF von 60 definiert werden. § 48 SGB X setze eine wesentliche Besserung der gesundheitlichen Verhältnisse voraus. Hier liege aber das Gegenteil, nämlich eine allfällige Verschlechterung vor. Der GdB von 100 werde schon allein deswegen erreicht, weil die CF getrennt nach Organmanifestationen (pulmonale CF, intestinale CF, allergische Diathese, Hautkrankheiten) zu bewerten sei. Die in den Anhaltspunkten verwendete Skalierung unter Mukoviszidose und die verwendeten Begriffe "Aktivitäten", "Gedeihen", usw. seien damit obsolet. Schließlich wird darauf hingewiesen, dass der Kläger schwerpflegebedürftig und in die Pflegestufe II eingestuft sei. Dargestellt wird der Tagesablauf des Klägers, um das "rigide Therapie- und Pflegeregime" zu verdeutlichen. Im Rahmen der Hilflosigkeit bedürfe der Kläger in besonderem Maße auch psychischer Betreuung, die durch die Pflegeeltern erbracht würde. Im vorgelegten Attest des Dr. C. vom 15.10.2002 ist ausgeführt, dass die Erkrankung eine Vielzahl von Organen betreffe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17.10.2002 sowie den Änderungsbescheid vom 30.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2000 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach den vorliegenden Befunden sei von einem an Mukoviszidose erkrankten jungen Mann auszugehen, dessen Aktivitäten und Lungenfunktion zwar deutlich eingeschränkt seien, bei dem aber eher geringe Gedeih- und Entwicklungsstörungen vorlägen und der von einer Berufsausbildung krankheitsbedingt wohl nicht ausgeschlossen sei. Der hierfür nach den Anhaltspunkten vorgesehene GdB-Rahmen von 50 bis 70 sei mit einem GdB von 70 ausgeschöpft. Damit sei berücksichtigt, dass die Aktivitäten und die Lungenfunktion des Klägers krankheitsbedingt deutlich eingeschränkt seien. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen H bei Erwachsenen lägen beim Kläger nicht vor. Ein regelmäßiges Angewiesensein auf fremde Hilfe bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (Merkzeichen B) sei aus dem beschriebenen Krankheitszustand nicht abzuleiten.
Im Befundbericht vom 11.07.2003 hat Dr. C. (Klinikum A-Stadt) zur Frage nach Veränderungen im Gesundheitszustand mitgeteilt, dass im Vergleich zur Untersuchung vom 11.12.2001 objektiv eine Verschlechterung der Lungenfunktion stattgefunden habe. Mit ergänzender Mitteilung vom 05.07.2004 hat er anlässlich der ambulanten Vorstellung am 26.04.2004 über eine erneute Exacerbation einer chronisch Pseudomonas-besiedelten Lunge und über ein deutlich beeinträchtigtes Allgemeinbefinden mit Dyspnoe berichtet.
Der Sachverständige Dr. C., Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin und Mukoviszidose-Spezialist (Klinikum A-Stadt), legt im Gutachten vom 13.11.2008 dar, dass im Vergleich zu den Befunden im Bescheid vom 02.04.1991 bzw. vom 30.09.1998 (vom Sachverständigen eingefügtes Datum) die Lungenfunktionsstörung, die pulmonalen Infektionen mit zum Teil massiven Lungenblutungen, die Infektionen im Nasen- und Rachenraum und die CF-assoziierte chronische Darmentzündung mit Darmverschluss-Symptomatik zugenommen hätten und ein Gallensteinleiden neu aufgetreten sei. Der Gesamt-GdB für die Mukoviszidose betrage 70 (ohne Staffelung nach Zeitabschnitten). Dabei veranschlagt er einen GdB von 20 für die Verengung der Nasengänge, doppelseitig mit starker Atembehinderung, einen GdB von 30 für die chronische Darmstörung mit stärkeren und häufig rezidivierenden oder anhaltenden Symptomen, einen GdB von 10 jeweils für Leberumbau und Gallensteinleiden, einen GdB von 20 für chronische (vollständige) Pankreasinsuffizienz und einen GdB von 30 für die chronische Bronchitis. In der ergänzenden Stellungnahme vom 26.10.2009 bleibt Dr. C. bei seiner Einschätzung eines GdB von 70. Derzeit sei ein GdB "schwere bis schwerste Einschränkung der Aktivitäten der Lungenfunktion und des Ernährungszustands" (80 bis 100) nicht gegeben. Der Kläger gehe einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und weise derzeit einen adäquaten Ernährungszustand (BMI 23,9) auf. Zum früher auf 100 festgesetzten GdB erläutert er, dass der Kläger damals 10 Jahre alt gewesen sei und besondere altersspezifische Aspekte in der Einstufung eine Rolle gespielt hätten. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass die damals gültigen Anhaltspunkte grundlegend differente Bewertungskriterien vorgesehen hätten. Die Voraussetzungen für Merkzeichen B (Berechtigung für eine ständige Begleitung) seien nicht gegeben. Unter Berücksichtigung der Vorgaben zum Begriff Hilflosigkeit und des aktuellen Befindens des Klägers seien die Voraussetzungen für H (Hilflosigkeit) nicht gegeben.
Auf Befragen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen Tagesablauf geschildert. Sein Tag beginne um 4.00 morgens. Gelegentlich benötige er Hilfe beim Duschen, z.B. beim Rückenwaschen vor allem dann, wenn er nachts viel gehustet und stark geschwitzt habe und sich deswegen schlapp fühle. Anschließend frühstücke er. Das Frühstück werde von seiner Mutter hergerichtet. Nach dem Frühstück benötige er mindestens eine dreiviertel Stunde (ohne Vorbereitung und Desinfektion) für die Inhalation. Für die Desinfektion der über den Tag verwendeten Geräte sei ca. eine dreiviertel bis eine Stunde täglich erforderlich. Seinen Arbeitsweg lege er selbst mit dem Auto zurück, zur Schule bzw. zum Bahnhof sei er früher von seiner Mutter gebracht worden. Er starte um 5.30 Uhr, die Arbeit beginne um 6 Uhr. Im Betrieb nehme er in der Pause eine mitgebrachte, von der Mutter vorbereitete Brotzeit zu sich. Er bemerke derzeit ab mittags einen verstärkten Husten. Die Arbeitszeit ende um 14.00 Uhr. Er fahre dann nach Hause und nehme eine zumeist warme Mahlzeit ein. Anschließend müsse er erneut eine dreiviertel Stunde inhalieren. Der Nachmittag gehöre seinen sportlichen Aktivitäten und einmal wöchentlich der Krankengymnastik. Dabei begleite ihn unter anderem ein speziell mit der Mukoviszidose vertrauter Therapeut. Circa um 19 Uhr sei er wieder zuhause. Nach dem Abendessen müsse er erneut ca. eine dreiviertel Stunde inhalieren und gehe zwischen 20 Uhr und 20.30 Uhr zu Bett, manchmal auch später. Da er nachts sehr stark schwitze, müsse mindestens ein- bis zweimal pro Nacht die Bettwäsche gewechselt werden. Seine Eltern würden die Hustenanfälle hören und deshalb auch zum Wäschewechsel zur Verfügung stehen. Bei starken Hustenanfällen müsse er eventuell nachts nochmals inhalieren. Die von ihm einzunehmenden Medikamente, insbesondere die für die Verdauung der Nahrung erforderlichen Enzyme, würden von seiner Mutter hergerichtet. Diese habe sich mit der für Mukoviszidose-Kranke erforderlichen Ernährung besonders beschäftigt. Die Dosierung der Enzyme sei von der Art der Mahlzeit abhängig. Der Kläger betont, dass er aufgrund seines sehr strengen Tagesablaufs froh sei um jede Hilfe, die er von seinen Eltern erhalte. Außerdem betont er, dass sich sein Gesundheitszustand in den letzten zehn Jahren verschlechtert habe. Dabei weist er besonders auf den Bluthusten hin.
Durch ein vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angenommenes Teilanerkenntnis hat sich der Beklagte verpflichtet, die Voraussetzungen für das Merkzeichen RF über den 30.09.1998 hinaus anzuerkennen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des Sozialgerichts Augsburg beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 30.09.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.02.2000 ist, soweit er noch streitig ist, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Nicht mehr Streitgegenstand ist das Merkzeichen RF, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung das entsprechende Teilanerkenntnis des Beklagten angenommen und den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt hat.
Zu Recht hat der Beklagte mit dem auf § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestützten Bescheid vom 30.09.1998 nach Maßgabe der damals aktuellen Bewertungsmaßstäbe die frühere Feststellung eines GdB von 100 und der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen H und B mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben, den GdB auf 60 herabgesetzt und festgestellt, dass ein Anspruch auf die Merkzeichen H und B nicht mehr besteht.
Das Sozialgericht Augsburg hat den Beklagten mit Urteil vom 17.10.2002 verpflichtet, den GdB ab 30.09.1998 in Höhe von 70 festzustellen, und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Höherstufung von 60 auf 70 trägt dem im Jahr 2001 modifizierten Bewertungsrahmen bei Mukoviszidose Rechnung. Für den Ausprägungsgrad "Aktivitäten und Lungenfunktion deutlich eingeschränkt, häufig Gedeih- und Entwicklungsstörungen, Schulbesuch und Erwerbstätigkeit in der Regel noch möglich" sahen die AHP 1996 einen Bewertungsrahmen von 50 bis 60 vor, der mit Rundschreiben vom 17.04.2001 (Nr. 503/IV/01) auf 50 bis 70 ausgedehnt wurde. Dahin stehen kann die Frage, ob das Sozialgericht den Beklagten zu Recht zur Feststellung eines GdB von 70 mit Rückwirkung zum 30.09.1998 verpflichtet hat. Nachdem der Beklagte Berufung nicht eingelegt hat, ist das erstinstanzliche Urteil insoweit rechtskräftig.
Geht es um den Grad der Behinderung und um gesundheitliche Merkmale als Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen (Merkzeichen), treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch, SGB IX, bis 30.06.2001 § 4 Schwerbehindertengesetz, SchwbG). Für Verwaltung und Gerichte gleichermaßen beachtlich sind dabei die Bewertungsmaßstäbe der seit 01.01.2009 geltenden Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VG), Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung. Die VG lösen die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ab, die für die Zeit vor 01.01.2009 als antizipierte Sachverständigengutachten beachtlich sind und normähnliche Wirkung entfalten (vgl. BSG vom 18.09.2003, B 9 SB 3/02 R; vom 24.04.2008, B 9/9a SB 10/06 R; BVerfG vom 06.03.1995, BvR 60/95). Die Anhaltspunkte wie auch nunmehr die Versorgungsmedizinischen Grundsätze sind ein auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhendes Regelwerk, das die möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im Bundesgebiet bezweckt und dem Ziel des einheitlichen Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung dient.
Die Voraussetzungen für die Aufhebung der Regelungen von 1991 gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens maßgeblich (Kasseler Kommentar, Stand Juli 2009, § 48 SGB X Rn. 11; Meyer-Ladewig, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 33; BSG vom 10.12.2003, B 9 SB 4/02 R). Bei einem am 30.09.1998 erteilten Bescheid und einem Widerspruchsbescheid vom 09.02.2000 ist hier auf die Sach- und Rechtslage in der Zeit (1998 bis) Februar 2000 abzustellen.
Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinn des § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist genau genommen nicht der im streitgegenständlichen Bescheid zitierte Bescheid vom 02.04.1991, mit dem nur dem Widerspruch wegen des Merkzeichens RF abgeholfen wurde, sondern der kurz zuvor ergangene Änderungs-Bescheid vom 14.02.1991. Der nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X beachtliche Vergleichsbescheid ist derjenige, in dem über die Voraussetzungen, hinsichtlich derer eine wesentliche Änderung eingetreten sein soll, letztmals entschieden wurde (vgl. Kasseler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 16). Das ist hier der Bescheid vom 14.02.1991. Unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlungen nach Anhörung des Klägers im November 1989 revidierte der Beklagte die ursprünglich Absicht, den GdB auf 80 herabzusetzen und nur noch Merkzeichen G zu belassen, und traf mit Bescheid vom 14.02.1991 folgende neue Sachentscheidung: der GdB wurde für die Behinderungen "Mukoviszidose, Neurodermitis" wie bisher in Höhe von 100 festgestellt, anerkannt blieben die Merkzeichen B, G und H. Unschädlich ist dabei, dass im Bescheid vom 30.09.1998 der Vergleichsbescheid nicht korrekt bezeichnet ist (vgl. Kasseler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 21). Entscheidend und ausreichend ist, dass der Wille des Beklagten, die frühere und letzte Regelung zum GdB und zur Anerkennung der Merkzeichen B und H aufheben zu wollen, ohne weiteres ersichtlich ist.
Die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids vom 30.09.1998 scheitert nicht daran, dass ein ausdrücklicher Verfügungssatz über die Aufhebung fehlt. Denn der Einleitungssatz "ergeht ... nach § 48 SGB X ... folgender Änderungs-Bescheid ...", die nachfolgende Regelungen zum GdB und zu den Merkzeichen sowie die Erläuterungen in der Begründung zu § 48 SGB X samt Bezugnahme auf den Bescheid von 1991 machen hinreichend deutlich, dass mit diesem Bescheid die früheren Verwaltungsakte aufgehoben werden.
Im Vergleich zu den Verhältnissen, die dem Bescheid vom 14.02.1991 zugrunde lagen, war bei Erteilung des Änderungs-Bescheids vom 30.09.1998 eine wesentliche Änderung im Sinn des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in den tatsächlichen und auch in den rechtlichen Verhältnissen eingetreten.
Die wesentliche Änderung in den rechtlichen Verhältnissen bezieht sich auf die Bewertungsmaßstäbe für die bei Mukoviszidose bestehende Behinderung. Bei Erteilung des Bescheids vom Februar 1991 waren die Anhaltspunkte in der Fassung von 1983 maßgeblich. Danach war schon für die Mukoviszidose geringen Grades (geringgradige Bronchitis, nahezu normale Stühle, noch altersentsprechende körperliche Entwicklung) ein Bewertungsrahmen von 50 bis 60 vorgesehen, ein GdB von 70 bis 80 für die Mukoviszidose mittleren Grades (peribronchitische Infiltrationen, beginnende Bronchiektasen, beginnendes Emphysem, leicht veränderte Stühle, verminderte körperliche Belastbarkeit, Schulbesuch noch möglich) und ein GdB von 90 bis 100 für die Mukoviszidose schweren Grades (stärkere Bronchitis, Bronchiektasen, Emphysem, massige kaum geformte Stühle, körperliche Entwicklung verzögert). Demgegenüber waren die Bewertungsmaßstäbe nach den AHP 1996, die für den Bescheid vom September 1998 anzuwenden waren, nicht unwesentlich modifiziert worden: Für die leichtgradige Mukoviszidose (unter Therapie Aktivitäten und Lungenfunktion leicht eingeschränkt, Gedeihen und Ernährung noch altersgemäß) bestand nunmehr ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40, für die mittelgradige Mukoviszidose (Aktivitäten und Lungenfunktion deutlich eingeschränkt, häufig Gedeih- und Entwicklungsstörungen, Schulbesuch und Erwerbstätigkeit in der Regel noch möglich) ein Rahmen von 50 bis 60 und für die schwer- und schwerstgradige Mukoviszidose (schwere bis schwerste Einschränkung der Aktivitäten, der Lungenfunktion und des Ernährungszustands) ein Rahmen von 70 bis 100.
Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen liegt insoweit vor, als es im Vergleich zu 1991 bis September 1998 bzw. Februar 2000 zu einer Besserung des gesundheitlichen Gesamtzustands des Klägers gekommen war. Die Berichte des H. Kinderspitals vom 20.06.1996, 24.01.1997 und 05.03.1998 belegen, dass es dem Kläger Ende der 90er Jahre verhältnismäßig gut ging. Sein Allgemein- und Ernährungszustand wurde als gut beschrieben, die pulmonalen und intestinalen Beschwerden waren damals relativ gering ausgeprägt. Nicht mehr betont wurden in diesen Berichten die früheren neurodermitisbedingten Beschwerden, im Unterschied zu den Berichten des H. Kinderspitals vom 31.05.1988 (superinfizierte, ausgedehnte Hautveränderungen, massiver Juckreiz und dadurch bedingte ständige Unruhe und Störung der Nachtruhe), vom 01.06.1989 (noch einige, zum Teil juckende neurodermitische Veränderungen in den großen Körperbeugen) und vom 09.01.1991 ("Sehr gestört hatte ihn jedoch immer wieder sein Hautekzem."). In den Berichten vom 20.06.1996 und 24.01.1997 ist lediglich vermerkt, dass der Kläger in den vergangenen zwei Jahren weniger an Allergieproblemen gelitten habe als früher. Nachdem gewisse neurodermitisbedingte Beschwerden allerdings weiterhin bestanden (vgl. Befundbericht der Dr. H. vom 10.11.2000), ist die Neurodermitis im Bescheid vom 30.09.1998 zu Recht weiter als Behinderung aufgeführt.
Der Würdigung, dass sich der gesundheitliche Gesamtzustand des Klägers in der Zeit von 1991 bis Ende der 90er Jahre gebessert hat, stehen die Ausführungen des Sachverständigen Dr. C. nicht entgegen. Er spricht zwar nur von Verschlechterungen im Vergleich zu früher, stellt dabei aber nicht auf den Vergleichszeitpunkt 1991 ab, sondern auf den 30.09.1998, nachdem er die Beweisfrage umformuliert und den 30.09.1998 eigenmächtig eingefügt hat. Mit der Verschlechterung seit 30.09.1998 meint er die von ihm andernorts gut dokumentierte Verschlechterung der gesundheitlichen Entwicklung seit 2000/2001. Denn Dr. C. ist seit 1997 auch der behandelnde Arzt des Klägers. Beleg für die Verschlimmerung ist etwa der Arztbrief des Dr. C. vom 04.10.2001 (insgesamt zufriedenstellender Verlauf bis etwa 20.08.2001; seither vermehrte Sekretion, deutliche Zunahme der Sputummengen, dunkelgelb bis grün; auch zunehmende nächtliche Hustenattacken; mäßig gutes Allgemeinbefinden). Sein Befundbericht vom 11.07.2003 und die ergänzende Mitteilung vom 05.07.2004 machen deutlich, dass sich die ungünstige Entwicklung fortsetzte. Er hat hier darauf hingewiesen, dass es im Vergleich zu Dezember 2001 zu einer Verschlechterung der Lungenfunktion gekommen sei. Die ärztlich dokumentierte Verschlimmerung des gesundheitlichen Zustands seit 2000/2001 korrespondiert im Übrigen mit der Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass sich sein Gesundheitszustand in den letzten 10 Jahren verschlechtert habe.
Unter Berücksichtigung der wesentlichen Änderung sowohl in den tatsächlichen als auch in den rechtlichen Verhältnissen hält der Senat die mit Bescheid vom 30.09.1998 erfolgte Einstufung mit einem GdB von 60 für richtig. Der Kläger konnte trotz der Krankheit seine Schul- und Berufsausbildung abschließen und arbeitet nun als Mediendesigner. Damit ist maximal von einer mittelgradigen Mukoviszidose mit einem Bewertungsrahmen von 50 bis 60 (Nr. 26.15 AHP 1996) auszugehen. Die Neurodermitis stellte Ende der 90er Jahre nur noch eine geringfügige und nicht mehr eine den (Gesamt-) GdB erheblich beeinflussende Behinderung dar (vgl. Nr. 26.17 AHP zur Bewertung der Neurodermitis). Dass weder im Bescheid vom 14.02.1991 noch im Bescheid vom 30.09.1998 näher auf die rechtliche Bedeutung der Neurodermitis eingegangen wurde, ist ohne Belang. Denn es kommt auf die in Wirklichkeit vorliegenden Verhältnisse und deren objektive Änderung an (vgl. Kasseler Kommentar, § 48 SGB X Rn. 14). Unter Ausschöpfung des 2001 erweiterten Bewertungsrahmens für die mittelgradige Mukoviszidose ist zwischenzeitlich der GdB durch das erstinstanzliche Urteil auf 70 angehoben worden (siehe oben).
Der Sachverständige Dr. C. bestätigt den (Gesamt-) GdB für Mukoviszidose in Höhe von 70 (Gutachten vom 13.11.2008 mit ergänzender Stellungnahme vom 26.10.2009). Dass er dabei eine Aufsplittung in Teilbehinderungen vornimmt, obwohl dies nach den Anhaltspunkten nicht notwendig ist, steht wohl im Zusammenhang mit der klägerseits vertretenen Auffassung, die CF sei getrennt nach Organmanifestationen (pulmonale CF, intestinale CF, allergische Diathese, Hautkrankheiten) zu bewerten. In der ergänzenden Stellungnahme stellt der Sachverständige klar, dass derzeit ein GdB "schwere bis schwerste Einschränkung der Aktivitäten der Lungenfunktion und des Ernährungszustands" (80 bis 100) nicht gegeben sei. Der Kläger gehe einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach und weise derzeit einen adäquaten Ernährungszustand (BMI 23,9) auf. Zu beachten ist, dass sich die Würdigung des Sachverständigen auf den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers (bei Untersuchung) und nicht auf den aus rechtlicher Sicht maßgeblichen Zeitpunkt (1998 bis) Februar 2000 bezieht. Da die mukoviszidosebeding-ten Krankheitssymptome seit 2000/2001 nachweislich zugenommen haben (siehe oben), steht allerdings fest, dass der Grad der Behinderung im Februar 2000 keinesfalls höher gewesen sein kann.
Dem Kläger wurde mit Bescheid vom 30.09.1998 zu Recht das Merkzeichen H entzogen. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres im November 1997 sind die Voraussetzungen für das nach Maßgabe der Anhaltspunkte bewilligte "Kinder-H" weggefallen. Die Voraussetzungen gemäß § 33b Abs. 6 Sätze 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) sind nicht erfüllt.
Nach Nr. A.5 VG bzw. Nr. 22 AHP (alle Fassungen seit 1983) sind bei der Beurteilung der Hilflosigkeit von Kindern und Jugendlichen Besonderheiten zu beachten. Bei der Mukoviszidose ist bei Notwendigkeit umfangreicher Betreuungsmaßnahmen (z.B. ständige Überwachung hinsichtlich Bronchialdrainagen und Inhalationen, Anleitung zur und Überwachung der Nahrungsaufnahme, psychische Führung) im Allgemeinen bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres Hilflosigkeit anzunehmen. Das ist immer der Fall bei Mukoviszidose, die für sich allein einen GdB von wenigstens 50 bedingt. Nach Vollendung des 16. Lebensjahres kommt Hilflosigkeit bei schweren und schwersten Einschränkungen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres in Betracht (so Nr. 22 Abs. 4 Buchst. m AHP 1996).
Unter Beachtung der Vorgaben der Anhaltspunkte anerkannte der Beklagte 1983 den Anspruch auf Merkzeichen H und bestätigte diese Entscheidung 1991, als der Kläger neun Jahre alt war. Unschädlich ist dabei, dass weder im Bewilligungsbescheid von 1983 noch im Bescheid von 1991 das Alter des Klägers als maßgeblicher Gesichtspunkt ausdrücklich genannt war. Für die Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X kommt es nur darauf an, dass das Lebensalter nach den Anhaltspunkten objektiv bedeutsam war (vgl. BSG vom 12.11.1996, 9 RVs 18/94).
Der Senat hat keine Zweifel, dass es der Kläger mit zunehmendem Alter gelernt hat, behinderungsbedingt erforderliche (Therapie-) Maßnahmen, für die er als Kind Hilfe benötigte, selbstständig und eigenverantwortlich durchzuführen. Darin liegt die wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinn des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X (vgl. Nr. A.5e VG; Nr. 22 am Ende AHP 1996; vgl. auch BSG vom 12.11.1996, 9 RVs 18/94). Entgegen der Auffassung des Klägers war die Entscheidung des Beklagten, bei der Entziehung des "Kinder-H" an die Vollendung des 16. Lebensjahres anzuknüpfen und nicht die Vollendung des 18. Lebensjahres abzuwarten, richtig. Denn die Einschränkungen des Klägers durch die Mukoviszidose waren im maßgeblichen Zeitpunkt mittelgradig und nicht schwer bis schwerstgradig (vgl. Nr. 22 Abs. 4 Buchst. m AHP 1996, siehe oben).
Wie der Sachverständige Dr. C. in der ergänzenden Stellungnahme vom 26.10.2009 bestätigt, liegt Hilflosigkeit gemäß § 33b Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStG nicht vor. Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.
Relevant sind Hilfemaßnahmen insbesondere im Bereich der sog. Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität), die täglich und regelmäßig erforderlich sind. Die Beurteilung der Erheblichkeit orientiert sich an dem Verhältnis der dem Behinderten nur noch mit fremder Hilfe möglichen Verrichtungen zu denen, die er auch ohne fremde Hilfe bewältigen kann. Es muss sich um mindestens drei Verrichtungen handeln, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erforderlich machen. Nicht hilflos ist, wer nur in relativ geringem Umfang, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist. Hinreichend erheblich ist ein täglicher Zeitaufwand von mindestens zwei Stunden, was dem Grundpflegeerfordernis für die Pflegestufe II in der Pflegeversicherung entspricht. Im Unterschied zur Pflegeversicherung bleibt der Hilfebedarf bei der hauswirtschaftlichen Versorgung außer Betracht (vgl. zum Ganzen BSG vom 12.02.2003, B 9 SB 1/02 R).
Der Kläger benötigt nicht täglich und regelmäßig fremde Hilfe in erheblichem Umfang. Ein täglicher Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege besteht nicht. Die geschilderte Hilfe beim Duschen benötigt er nur gelegentlich. Hilfebedarf wegen der zu jeder Mahlzeit notwendigen Gabe von Enzymen und wegen der Einnahme sonstiger Medikamente besteht deshalb nicht, weil der Kläger nicht krankheits- und behinderungsbedingt insoweit auf fremde Hilfe angewiesen ist. Aus medizinischer Sicht ist er durchaus in der Lage, sich die notwendigen Enzyme und Medikamente ohne Hilfe der Mutter zu verabreichen. Gleiches gilt für die täglich notwendige Reinigung des Inhalationsgeräts. Für die zeitintensive Therapie durch Inhalationen mehrfach pro Tag benötigt der Kläger ebenfalls keine fremde Hilfe. Er leistet dies selbst, ebenso wie er die seiner Gesundheit förderlichen sportlichen Aktivitäten ohne fremde Hilfe bewältigen kann. Die hauswirtschaftliche Versorgung einschließlich der Zubereitung der Mahlzeiten durch seine Mutter ist kein Hilfebedarf im Sinn des § 33b Abs. 6 Satz 2 EStG. Zur nicht berücksichtigungsfähigen hauswirtschaftlichen Versorgung gehört auch der Wechsel der Bettwäsche.
Der Senat ist davon überzeugt, dass diese auf die aktuellen Verhältnisse bezogene Würdigung ebenso für den rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt September 1998/ Februar 2000 gilt. Denn schon im Pflegegutachten vom Oktober 1997 wurde festgestellt, dass Pflegebedürftigkeit nicht vorliegt (Hilfebedarf beim Duschen/Baden: 2 Minuten; kein nächtlicher Hilfebedarf). Da die Einschränkungen durch die Mukoviszidose seit damals größer geworden sind, besteht kein Anlass, die Richtigkeit der Ergebnisse des Pflegegutachtens von 1997 anzuzweifeln.
Der Kläger kann nicht etwa deswegen Merkzeichen H verlangen, weil er von der Pflegekasse Leistungen nach der Pflegestufe II bezieht. Auch die Pflegekasse geht davon aus, dass die Voraussetzungen einer Pflegestufe nicht mehr vorliegen, leistet aber ausweislich des Schreibens vom 28.07.1999 weiterhin Pflegegeld in der Pflegestufe II aufgrund besonderer rechtlichen Umstände im Zusammenhang mit Art. 45 Pflegeversicherungsgesetz (dazu BSG 13.03.2001, B 3 P 20/00 R), die im Rahmen der Anwendung des § 33b Abs. 6 EStG keine Bedeutung haben.
Ebenfalls zu Recht wurde dem Kläger mit Bescheid vom 30.09.1998 das Merkzeichen B entzogen. Wie der Sachverständige Dr. C. bestätigt, sind die medizinischen Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer ständigen Begleitung des Klägers bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht gegeben. Nach dem bis 30.06.2001 geltenden § 60 Abs. 2 SchwbG ist ständige Begleitung bei Schwerbehinderten notwendig, die bei Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln infolge ihrer Behinderung zur Vermeidung von Gefahren für sich oder andere regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen sind.
Richtig war zwar, 1983 und erneut 1991 die gesundheitlichen Voraussetzungen für Merkzeichen B anzuerkennen. Der schwerbehinderte Kläger musste als Kind täglich zur Schule gebracht und wieder abgeholt werden. Im Bericht des H. Kinderspitals vom 27.12.1989 wurde die Empfehlung ausgesprochen, dem Patienten das Merkzeichen B zu belassen. Bis 1998 hatten sich die Verhältnisse allerdings wesentlich geändert. Für den damals 17jährigen Kläger, dem es Ende der 90er Jahre gesundheitlich relativ gut ging, lässt sich keine medizinische Notwendigkeit mehr dafür erkennen, dass er bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln behinderungsbedingt und regelmäßig auf fremde Hilfe angewiesen gewesen wäre.
Die für einen Aufhebungsbescheid gemäß § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung ist erfolgt. Der Einwand des Klägers, es lägen Ermessensfehler vor, entbehrt der Grundlage, da bei einer Aufhebung mit Wirkung für die Zukunft auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Verwaltungsbehörde kein Ermessen eingeräumt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen. Gründe für die Zulassung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.